1. Augustrede von Hanspeter Göldi

Die Rede wurde am 1. Augsut 2018 in Uetikon am See gehalten. Hanspeter Göldi ist Kantons- und Gemeinderat für die SP und wohnt in Meilen.

Es freut mich, dass ich zu dem heutigen Festtag ein paar Worte an euch richten darf.

Der erste August ist erstmals 1891 gefeiert worden. Seit 1899 wird der Tag in der gesamten Schweiz gefeiert. Das heisst der 1. August ist erst ab dem Ende des 19. Jahrhunderts zum Geburtstag der Schweiz erklärt worden. Da ich nicht Historiker bin, ist es mir eigentlich egal, ob wir heute nun den 727 oder den 127 Geburtstag feiern. Wir feiern ja nicht das Jahr, sondern das Geburtstagskind: unsere Schweiz.

 

Für mich ist die Feier des heutigen Tages, aber auch anderer Geburtstage, immer der Zeitpunkt, wo ich mich auf die Werte des Lebens besinne.

Ihr in Uetikon habt dieses Jahr den 200. Geburtstag derChemischen Fabrik gefeiert. Das dies gleichzeitig auch das Ende der Firmengeschichte bedeutet ist schade. Altes vergeht, neues entsteht. Meiner Ansicht nach wurde dies mit dem Start der Mittelschule in Uetikon in einer sehr hoffnungsbereitenden  Weisse umgesetzt.

Die Firmengeschichte hat Uetikon entscheidend geprägt, die Aufarbeitung der Geschichte kann ich heute nicht machen, ich finde es sehr schön und unterstützungswürdig und will darauf Hinweisen, dass sich Leute  im Projekt „Uetikon und seine Chemie-Eine Beziehungsgeschichte über zwei Jahrhunderte“ für die neutrale Aufarbeitung engagieren.

 

Ebenfalls optimistisch stimmt der Blick nur halb so weit zurück; Vor 100 Jahren hat der Landesstreik stattgefunden. Dort standen Forderungen nach mehr politischer Teilhabe und nach mehr sozialer Sicherheit für alle im Vordergrund. Was trieb die Arbeiterinnen und Arbeiter damals auf die Strasse:

Die Arbeiter kritisierten in einer Fabrik im Kanton St. Gallen die „miserablen Löhne“

Die Behandlung der Arbeiter sei „eines freien Menschen unwürdig“

 

Besonders die Zustände in den „weiblichen“ Abteilungen wurden kritisiert. Grobheit und anstandsloses Benehmen der Vorarbeiter lassen die Frauen als moderne Sklavinnen des Kapitalismus erscheinen. Kein Wunder, haben sich die Leute damals gegen solche Zustände gewehrt. Und wir können ihnen dankbar sein, dass die Arbeitswelt heute nicht mehr so aussieht wie vor 100 Jahren.

 

Damalige Forderungen der Streikenden waren:

Einführung der 48-Stundenwoche – 1917 wurde noch 59 Stunden pro Woche gearbeitet. Ab 1919 wurde die 48 Stunden verteilt auf 6 Tage und der Sonntag als freier Tag verankert. Heute setzen wir uns für eine fünfte Ferienwoche ein…

 

Weiter wurde damals die sofortige Neuwahl des Nationalrates nach dem Proporzwahlsystem gefordert. 1913 lancierte die SP Schweiz zusammen mit den Katholisch-Konservativen eine Initiative zur Einführung der Proporzsystems. Am 13 Oktober 1918 wurde die Initiative mit einer zweidrittels-Mehrheit angenommen.

Schon damals wurde das Frauenstimmrecht gefordert, dass dann erst am 7. Februar 1971 eingeführt wurde.

 

Weiter wurde eine der nachhaltigsten Errungenschaften der Schweiz eingefordert, die Einführung der Alters- und Invalidenversicherung. Diese wurde gefordert mit dem Zitat

“ Damit der Arbeiter, ausgemergelt und alt geworden, nicht wie eine Kreatur, im Strassengraben verenden muss“

Ja, wenn wir dies hören, können wir wirklich stolz sein auf das, was unsere Vorfahren erreichen konnten.

Nehmen wir uns daran ein Vorbild, so dass in 100 Jahren jemand stolz auf uns sein kann!

 

Ich möchte jetzt nicht mehr aufzählen was  noch alles verbessert werden sollte, sondern ich möchte alle dazu aufrufen nach ihren Möglichkeiten dazu beizutragen, dass wir weiterhin stolz auf eine solidarische Schweiz für alle sein können. Dies kann mit einem freiwilligen Einsatz, mit dem aktiven mitwirken in den politischen Prozessen und schon mit dem dabei sein bei solchen Anlässen wie heute Abend geschehen.

 

Dieses Jahr, mit der Fussball Weltmeisterschaft haben viele Schweizerinnen und Schweizer mit der Nationalmannschaft gefreut und dann beim Ausscheiden gegen Schweden auch mitgelitten. Mit der Fussballfreude ist auch eine  Diskussion zur Zugehörigkeit zur Schweiz und zum  Wert der Nationalhymne aufgekommen. Beispielsweisse durften wir im Kantonsrat darüber diskutieren, ob der Text und die Melodie der Hymne in der Schule als obligatorischer Lerninhalt vermittelt werden soll. Nun, zum Glück bestimmen nicht wir Kantonsräte den Inhalt des Lehrplanes, dafür wählen wir den Bildungsrat der sich mit diesen Fragen intensiv auseinander setzen kann. Auch deshalb wurde diese Motion klar abgelehnt.

 

Der Text von Trittst im Morgenrot daher von Leonhard Widmer stammt aus dem Jahr 1841 und wurde übrigens erst vor 37 Jahren also 1981 zur offiziellen Hymne der Schweiz erklärt. Mindestens in meinem Umfeld ist man sich einig, dass der Text der heutigen Zeitnicht mehr entspricht, dies Zeigt sich auch daran, dass nur rund 10% der Schweizerinnen und Schweizer die erste der vier Strophen der heutigen Nationalhymne auswendig singen können.

 

Deshalb finde ich es gut, wen man mit einem neuen Text die Schweizer Werte in der Hymne besingen könnte. Dazu hat die Schweizerische Gemeinnützige Gesellschaft im Jahr 2014 einen Künstlerwetbewerb für einen neuen Text der Schweizer Nationalhymne gestartet. Der Text musste auf der Präambel der Schweizerischen Bundesverfassung von 1999 basieren. Die in der Präambel enthaltenen traditionellen Werte bilden das Leitbild der Schweizerischen Demokratie; Vielfalt, Freiheit, Frieden, Solidarität, Unabhängigkeit sowie die Sorge für die Umwelt, die sozial Schwachen und die Künftigen Generationen.

 

Im Künstlerwettbewerb wurden 208 Beiträge eingereicht. Der Text von Werner Witmer mit der unveränderten Melodie von Albert Zwissig  wurde von einer Fachjury und auch von 24000 Internetnutzern zum Siegerbeitrag gewählt.

Der neue Hymnentext lautet:

Weisses Kreuz auf rotem Grund,

unser Zeichen für den Bund:

Freiheit, Unabhängigkeit, Frieden.

Offen für die Welt, in der wir leben,

lasst uns nach Gerechtigkeit streben!

Frei, wer seine Freiheit nützt,

stark ein Volk, das Schwache stützt.

Weisses Kreuz auf rotem Grund,

unser Zeichen für den Schweizer Bund.

 

Wir haben den neuen Text ein paarmal kopiert und auf den Tischenverteilt.

Mir als Politiker ist die Mitbestimmung von allen sehr wichtig, deshalb möchte ich euch Fragen; sollen wir die Nationalhymne mit dem neuen Text singen oder möchtet ihr lieber den alten Text singen?Gerne würde ich darüber abstimmen:

Wer für den neuen Text ist soll die Hand erheben, wer lieber den alten Text hat, soll jetzt die Hand erheben.

 

In diesem Sinne wünsche ich euch allen einen schönen Abend und viel Vergnügen beim Singen der Neuen Nationalhymne. Die Musikgesellschaft wird zuerst eine Strophe instrumental spielen, damit wir die Melodie in den Ohren haben, danach singen wir gemeinsam die neue Strophe der Hymne.